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Kreta

EINE REISE AUF DER SÜDINSEL DES MITTELMEERES

Wir sind gelandet, endlich einmal wieder auf der "Insel der Götter", wo wir den Versuch starten, die Motorradsaison zu verlängern. Der Abschied von Deutschland am 10. Oktober fiel nicht schwer - Nieselregen und ziemlich kühl - von Altweibersommer keine Spur.

Kreta
Kreta

Im Gegensatz zu unserem letzten Besuch vor drei Jahren werden wir am Flughafen von Heraklion sehr zügig abgefertigt und unser Gepäck kommt auch an - immer ein kleines Wunder. Von vielen Mitreisenden werden wir argwöhnisch beobachtet, da wir unsere Enduro-Motorradstiefel tragen. Der einzige Ort, an dem diese Teile platzsparend von Deutschland nach Kreta geschafft werden können. Wir haben eine geführte Tour gebucht und sollen am Flughafen abgeholt werden. Wir gehen durch die Zollkontrolle und schon sehen wir Evangelos Panagiaris, der ein Schild mit unseren Namen in den Händen hält. Nach kurzer herzlicher Begrüßung werden wir von Ihm zu seinem Wagen begleitet. Er bringt uns nach Rethymnon in unser Drei-Sterne-Hotel, das wir mit Halbpension gebucht haben. Für uns Spätankommer hat man um 23.00 Uhr noch eine Kleinigkeit zum Essen vorbereitet. Von Evangelos bekommen wir ein Merkblatt zu den Motorradtouren, eine Zusammenfassung der griechischen und insbesondere der kretischen Geschichte und Hinweise auf Sehenswürdigkeiten auf Kreta.

Am nächsten Morgen werden wir wieder von Evangelos abgeholt und zur Vermietstation, die 150 Meter vom Hotel entfernt liegt, begleitet. Wir begutachten unsere Motorräder, die wir die nächste Woche über fahren wollen. Aus unserer Erfahrung von vor drei Jahren wissen wir, daß Kreta nicht besonders für große Motorräder geeignet ist, deshalb haben wir uns zwei Yamaha Serow mit je 225 ccm bestellt. Der erste Tagesausflug soll uns durchs Binnenland nach Anogia und zum Bergmassiv des Psiloritis führen. Wir sind eine Gruppe von vier Motorradfahrern und Evangelos, unserem Guide. Es ist wunderbar, Evangelos fährt zügig voraus, ich fahre als letzter der Gruppe und muß mich um nichts kümmern. Die Strecke führt über kleinste Straßen, unser Guide scheint eine Landkarte mit allen Straßen, Wegen und Flußläufen irgendwo in seinem Kopf gespeichert zu haben. Wir biegen unzählige Male ab und sind dann plötzlich in Arkadi. Hier besichtigen wir das Kloster, ein kretisches Nationaldenkmal, da sich hier einige Griechen im 19. Jahrhundert gegen die einfallenden Türken verschanzt haben. Danach geht es wieder weiter und der griechischen Tradition entsprechend wird in einem kleinen Ort vor einem einfachen Kafenion gehalten. Zunächst wird griechischer Kaffee, dann Raki serviert, dazu einige Kleinigkeiten zum Knabbern. Wir lassen uns darüber aufklären, daß der kretische Zwieback eine ganz besondere Spezialität ist und tatsächlich: etwas Zwieback, ein paar Gurkenscheiben, Oliven, ein bißchen Käse und ein Glas Wasser und schon läßt sich der Raki selbst am Vormittag gut verkraften. Einer der Einheimischen, die ihren Sonntag im Kafenion verbringen, steht plötzlich auf und lädt uns zum Raki ein. Einen zweiten Raki kann ich kaum mehr trinken, aber es wäre sehr unhöflich dieses Gastgeschenk nicht anzunehmen. So lassen wir ihn uns schmecken und satteln anschließend munter unsere Motorräder. Die Straßen werden immer schmaler und wir haben den höchsten Berg Kretas, den Psiloritis fast umrundet, bis wir in Anogia ankommen. Hier führt uns Evangelos in einen Laden mit geklöppelten Tüchern, Rucksäcken aus Schafsleder und anderen Erzeugnissen der traditionellen kretischen Handwerkskunst. Zum Glück hat der Laden nichts typisch touristisches an sich. Die alten Damen, die den Laden führen, zeigen uns die in eigener Handarbeit hergestellten Tücher und Schals. Kaufen will aber keiner von uns, was auch nicht stört. Danach geht es endlich zum Mittagessen. Evangelos kennt die Wirtsleute, erkundigt sich, was frisch ist und bestellt. Es kommen der köstlichste Tzaziki und das zarteste Lammfleisch, das ich in meinem ganzen Leben bekommen habe. Auch der Griechische Salat mit echtem, kertischen Feta-Schafskäse ist hervorragend. Nach dieser ausgiebigen Mittagsrast und einem abschließenden kalten Kaffee Frapé geht es wieder zurück Richtung Rethymnon. Die Straßen sind immer noch schmal, uns begegnen nur sehr wenige Autos und landschaftlich ist es auch ein Genuß. Bei unserer Rückkehr in Rethymnon verabreden wir uns noch mit den anderen Teilnehmern der Tour auf ein Bier nach dem Abendessen. Kurz gehen wir noch ans Meer, Essen zu Abend und treffen dann Irene und Andreas. Wir verbringen einen schönen Abend und können am 11. Oktober noch hemdsärmlig bis Mitternacht im Freien sitzen.

Abfahrt am nächsten Morgen ist pünktlich um 9.30 Uhr. Die Route führt uns quer durch Kreta bis zur Südküste. Wir passieren eine wildromantische Schlucht mit steilen Felshängen und bleiben kurz stehen, um die Verschlüsse unserer Kameras in Bewegung zu setzen. An ihrem Ende öffnet sich die Schlucht zur Südküste und wir sehen das strahlend blaue Libysche Meer. Auf der Küstenstraße erreichen wir die Kreuzritterburg Frangokastello, die wir kurz besichtigen, und den traumhaft gelegenen Küstenort Chora Sfakion. Ab hier wird die Straße immer schlechter und holperiger. Es war also doch eine weise Entscheidung gewesen, kleine Motorräder mit viel Federweg zu mieten. Andreas, der eine BMW F650 fährt, hat mit seiner Maschine mehr zu kämpfen. Die Straße steigt in unendlichen Kurven an und wir fahren wieder ins Gebirge hinein. Vor der Aradena-Schlucht, einem tiefen Spalt im Karst, hält Evangelos an. Der Ausblick auf die Schlucht und die "Weißen Berge" ist faszinierend. Eine abenteuerliche "Brücke", eine Konstruktion aus Stahlprofilen mit lose aufgelegten Brettern, führt über die Schlucht - mit viel Gepolter fahren wir darüber.

Kreta
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Zum Mittagessen kehren wir wieder in einer der kleinen persönlich geführten Tavernen ein. Es gibt gegrilltes Schweinefleisch mit selbstgemachten Pommes. Ein griechischer Koch, der was auf sich hält, würde niemals tiefgefrorene Pommes servieren. Die Kartoffeln werden noch mit der Hand geschält, in ca. 3-4 mm starke Scheiben geschnitten und in Olivenöl frittiert. Kartoffeln solcherart zubereitet, sind ein Hochgenuß.

Nach dem ausgiebigen Mahl fahren wir wieder bis Chora Sfakion zurück, biegen dann ab und fahren entlang der Imbrosschlucht nach Norden. Eine Kurve folgt hier der anderen, allerdings muß man wegen der zahlreichen Schlaglöcher sehr konzentriert fahren. Auch an diesem Abend treffen wir uns nach dem Abendessen mit unseren Freunden. Heute ist ein neuer Teilnehmer eingetroffen, Frank, der ab morgen mit uns fahren wird. Wir haben ihm schon viel zu erzählen.

Der dritte Tag beschert uns eine Fahrt nach Matala. Auf der Hauptstraße mit wenig Verkehr fahren wir zügig bis Spili. Wir besichtigen den berühmten Brunnen mit den wasserspeienden Löwenköpfen und genießen einen griechischen Kaffee. Kurze Zeit später erreichen wir Matala. Evangelos zeigt uns den Ort, der in den 60er und 70er Jahren ein Hippie-Treffpunkt war. Sie hausten in den frühgeschichtlichen Höhlen der Felswände, die eine wunderschöne Bucht umgeben. Gut, daß wir mit Evangelos unterwegs sind. Er hat uns schon den gesamten Vormittag davon vorgeschwärmt, welch vorzüglichen Fisch wir heute bekommen werden. Und er hat nicht zuviel versprochen. Der Fisch wurde in den Morgenstunden gefangen und von seiner "Tante" frisch für uns zubereitet. Die Wirtin der Taverne, die wir ohne Evangelos sicher nicht gefunden hätten, wird von ihm besonders herzlich als seine Tante bezeichnet. Die Rückfahrt von Matala führt uns über kleine Bergstraßen durch das Landesinnere und wir können uns auf unseren kleinen Motorrädern so richtig austoben. Am späten Nachmittag ziehen einige Wolken auf, aber von Regen ist noch keine Spur. Erst am Abend, als wir mit Irene, Andreas und Frank über unseren Abenddrinks sitzen, verändert sich das Wetter. Der Wind hat aufgefrischt, aber auf der Veranda sind wir geschützt und können die weit entfernten Blitze über dem Meer beobachten. Doch plötzlich beginnt sich das Gewitter über uns zu entladen. Wir retten uns schnell in das Lokal und hören dem Platzregen zu. Nach einer Stunde schon ist das Spektaktel vorbei und wir kommen trockenen Fußes in unser Hotel zurück.

Für heute ist - völlig ungriechisch - die Abfahrt bereits auf 9.00 Uhr festgelegt. Die heutige Strecke soll mit 280 Kilometern der längste Tagesausflug werden. Zunächst geht es auf der Schnellstraße bis Chania. In dem alten Küstenort besichtigen wir den Hafen und streifen dann noch ein wenig durch die schmalen Gassen mit ihren venezianischen Häusern. Die Wolken von gestern haben sich noch nicht ganz verzogen und über den Bergen im Inland hängen sie fest. Wie es kommen mußte, führt uns unser Weg genau da hinein. Zuerst ist nur die Straße feucht, dann fängt es zu Regnen an. Aber glücklicherweise sind wir auf Kreta, denn hier ist es immer noch über 20 Grad warm. Bevor uns der Regen völlig einfängt, hält Evangelos in einem winzigen Bergdorf an und wir landen in einem Krämersladen, der zugleich als Postamt, Restaurant, Kafenion und Versammlungsraum dient. Der Wirt verwöhnt uns mit Raki, kretischem Zwieback, einem selbstgemachten Bergkäse und Honig - ein Genuß. Nachdem der Regen nachgelassen hat, fahren wir weiter nach Paleochora. Der Ort liegt malerisch auf einer Landzunge und wird an drei Seiten vom Meer umspült. Hier werden uns in einer typischen Taverne verschiedene Gerichte serviert, Hühnchen, Lamm, Gemüse, Okra, Auberginen, Bohnen - jeder ißt von jedem Teller und es schmeckt vorzüglich. Während des Essens haben sich die Wolken verzogen, die Sonne kommt wieder zum Vorschein. Allerdings ist die Straße naß und der Asphalt schmierig. Wir fahren die ersten Kilometer wie auf rohen Eiern, weil die salzhaltige Seeluft in Verbindung mit Blütenstaub und den Steinen, die vom Regen auf die Straße gespült wurden, die Fahrbahn besonders gefährlich werden läßt. Gut, aber sehr spät kommen wir in Rethymnon an und genießen nach einer schönen warmen Dusche noch einen Abend mit Irene und Andreas. Leider müssen wir uns verabschieden, denn ihr Urlaub geht morgen zu Ende.

Kreta Wir haben am nächsten Tag unseren freien Tag und können unseren eigenen Plänen nachgehen. Nach einem etwas später eingenommenen Frühstückfahren wir in aller Ruhe in die 6 Kilometer entfernte Altstadt von Rethymnon. Wir verzichten auf unsere komplette Motorradbekleidung, nehmen nur die Helme, fahren aber besonders vorsichtig. Das alte Rethymnon mit seiner Festung, seinem venezianischen Hafen und den belebten Gassen liegt sehr schön und es macht richtig Laune, zu schlendern und in den kleinen Läden herumzustöbern. Mittags nehmen wir in einer kleinen Taverna ein vorzügliches Moussaka und roten Landwein zu uns. Vom Mittagessen etwas erschöpft, fahren wir zurück zum Hotel und genießen den Nachmittag am Strand bei strahlendem Sonnenschein. Vor dem Abendessen muß ich mich aber noch einmal austoben. Also rein in die Motorradklamotten, die Serow wird angelassen und ich fahre los. Enduroweg im Landesinneren mit dem Berg Psiloritis im Hintergrund Bei unseren bisherigen Fahrten ist mir ein trockener Flußlauf aufgefallen, der sich bestens zum Endurofahren eignen müßte. Eine Einfahrt in den Bachlauf habe ich schnell gefunden. Das Bachbett ist völlig ausgetrocknet und geradezu ideal zum Endurowandern, allerdings muß man höllisch auf die kindskopfgroßen Kieselsteine achten. In den nahegelegenen Bergen bringen mich noch einige Feldwege und Auf- und Abfahrten in Schwung und der Tag ist gelungen. So kann man sich wieder für den Abend mit Wein und Raki rüsten. Wir verbringen ihn mit Frank und bei Evangelos neu eingetroffenen Gästen. Es wird ein sehr lustiger und unterhaltsamer Abend - Nur leider der letzte. Am nächsten Morgen müssen wir uns von Evangelos verabschieden. Sein junger Mitarbeiter Manolis fährt uns zum Flughafen nach Heraklion. Wir können nur noch sagen: Tschüß wunderbares Kreta und sicherlich bis bald.